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Eine häufig in verschiedenen Foren diskutierte Frage ist, wie werde ich „Testfahrer“. Die Bezeichnung „Testfahrer“ ist eine Bezeichnung für der Medien. Gemeint ist eigentlich der Versuchsfahrer, Erprobungsfahrer oder Fahrzeugerprober.

Bevor diese Frage beantwortet werden kann, muss klar sein, worum es geht. Der Bereich der Fahrzeugerprobung in der Automobilindustrie ist groß. Es gibt hier die unterschiedlichsten Aufgabenstellungen und dem entsprechend auch die unterschiedlichsten Anforderungen. Das Spektrum geht hier von angelernten Tätigkeiten bis hin zu Ingenieuraufgaben. Jeder dieser Bereiche hat seine Berechtigung. Zwischen diesen Aufgaben gibt es auch keinerlei Hierachiebeziehungen, weil diese Aufgaben eben nichts miteinander zu tun haben.

In der Entwicklung gibt es zahlreiche Umfänge, die von Entwicklern direkt erprobt werden. In der Regel sind dies die Ingenieure oder Techniker, die ihren Bauteilumfang oder ihre Funktionen direkt selber testen. Im eigentlichen Sinne sind dies keine Versuchsfahrer sondern Entwicklungsingenieure mit einem Schwerpunkt in der Erprobung. Diese Entwicklungsverantwortlichen machen Versuche und Freigabetests, die auf genau ihr eigenes Thema fokussieren. Im Mittelpunkt der Arbeit steht nicht der Versuch sondern das Projektmanagement und er Abschluss der Entwicklung.

Wer diese Tätigkeiten ausüben will, muss in den Projektorganisationen der Automobilhersteller (OEM), der großen Zulieferer (TIER1) oder der Entwicklungsdienstleister arbeiten. Die geforderten Qualifikationen dafür richten sich nach Bauteil und Funktion. Natürlich wird auch ein für das Fahrzeug passender Führerschein benötigt. Seit etwa 2015 wird darüber hinaus ein Prüfgeländeführerschein oder ein Prototypenführerschein gefordert. Diese Versuchsführerscheine gibt es in unterschiedlichen Abstufungen. In Deutschland ist der Anspruch für die Versuchsführerscheine weitgehend standardisiert. Es gibt aber weiterhin einige Prüfgelände, die einen eigenen Führerschein fordern. Diese speziellen Führerschein beziehen sich teilweise auch nur auf die Kenntnis der räumlichen Gegebenheiten und nicht auf die fahrerischen Fähigkeiten.

In der Fahrzeugdauererprobung, im Fahrzeugdauerlauf bzw. in der Produktfreigabe und Qualitätssicherung ist die Anforderung eine andere. Je nach Aufgabenstellung geht es um die Abwicklung von Erprobungsprozessen. In diesen Erprobungsprozessen gibt es weitgehende Standards. Damit ist die Anforderung an die Versuchsfahrer eine andere. Es geht um die nachvollziehbare Abwicklung von vorgegebenen Versuchen.

Hier geht es primär um ein Gefühl des Versuchsfahrers für das Fahrzeug bzw. für die Kundenwahrnehmung. Die geforderten Qualifikationen sind in der Regel KfZ-Mechaniker, Führerschein und Prototypenführerschein. Je nach Hersteller oder Dienstleister wird die Bezeichnung KfZ-Mechaniker enger oder weniger eng gesehen. Eine beliebte Formulierung lautet hier „KfZ-Mechaniker oder artverwandte Berufe“. Dazu kann dann der Lackierer, Maschinentechniker, Zweiradmechaniker oder Berufskraftfahrer auch gehören.

Wenn man sich auf die Aufgabenstellung reduziert, spielt die tatsächliche Ausbildung auch eine eher untergeordnete Rolle. Es geht um das Verständnis von Fahrzeug und Nutzung von Fahrzeugen. Diese Fähigkeit wird in keiner Berufsausbildung vermittelt. Damit spielt der Berufsabschluss auch eigentlich keine ernst zu nehmende Rolle für die Qualifikation des Personals.

An einigen Stellen wird auch auf den Abschluss als Berufskraftfahrer abgehoben. Was im Nutzfahrzeugbereich wirklich Sinn macht, erschließt sich für den PKW-Bereich nicht wirklich. Warum eine Qualifikation als Berufskraftfahrer jemanden zum Versuchsfahrer qualifiziert, ist aus der Aufgabe nicht begründbar. Es geht hier nur darum, die Bezeichnung KfZ-Beruf möglichst weit zu fassen oder einen Anspruch vorzutäuschen. Für den Bewerber im Fahrversuch ist das aber eine Chance. Jemand, der einen Abschluss als Berufskraftfahrer vorweisen kann, gehört damit zu den potentiellen Versuchsfahrern.

Als weitere wesentliche Gruppe von Versuchsfahrern soll hier noch der klassische Proband im Fahrversuch genannt werden. Diese Gruppe von Mitarbeitern im Fahrversuch werden für bestimmte Aufgabenstellungen gesucht. Die Anforderung ist, möglichst wenig oder nach Anforderungsprofil sehr eingeengte Vorkenntnisse mit zu bringen. Hier geht es darum zu erkennen, ist das Fahrzeug intuitiv bedien- und verstehbar. Die Probanden werden bei bestimmten Aufgaben beobachtet. Der Proband muss keine Schlüsse ziehen. Er soll sich nur möglichst normal verhalten.

Bei den Aufgaben werden die Probanden von einem Versuchsbetreuer begleitet oder von einer Kamera gefilmt. Die Versuchsbetreuer sind von ihrer Qualifikation meist im Bereich Design, Psychologie oder Didaktik angesiedelt. Die Versuchsbetreuer sind keine Versuchsfahrer. Die Probanden werden oft nach gewissen Regeln aus Probandenpools ausgewählt. Ein wirklicher Beruf ist das nicht.

 

Für Fragen, Anregungen und Diskussionen steht Ihnen der Autor gerne zur Verfügung.

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