Im Testing gibt es unterschiedliche Zielsetzungen für die Projekte. Ein häufiges Ziel ist die Absicherung der Produktqualität. Absicherung der Produktqualität bedeutet in der Praxis, dass am Ende des Projektes verbindliche Aussagen möglich sein müssen, die eine Freigabe mit ruhigem Gewissen ermöglichen. Dies hat einen wesentlichen Einfluss auf die Gestaltung des Projektes.

In der Praxis ist leider häufig zu beobachten, dass der Typ Absicherungsprojekt erst einmal begonnen wird. Man fängt an um das Projekt überhaupt zum Laufen zu bekommen. Dies führt dazu, dass bereits in der Anfangsphase der Projekte viele Fehler gemacht werden. Die wesentlichen Ergebnisse eines Absicherungsprojektes sind die Dokumentationen des Projekts. Das bedeutet, dass gegebenenfalls am Ende des ersten Life-cycles der ersten Produkte die Aussagen der Absicherung tragende Rolle bekommen können. Das kann zum Beispiel im Zusammenhang mit Produkthaftungsklagen oder ähnlichem passieren.

Natürlich ist es niemals möglich alle Eventualitäten von vornherein zu berücksichtigen. Viele Faktoren werden auch im Nachgang nicht mehr benötigt. Unabhängig davon ist es aber sinnvoll, sich Gedanken darüber zu machen, welche Informationen in welcher Form am Ende des Projekts benötigt werden. Dies bedeutet, dass die Dokumentation am Anfang des Projekts bereits auf die Durchgängigkeit, Nachvollziehbarkeit, Plausibilität und vieles anderes Wert gelegt werden muss. Dazu ist es notwendig eine Absicherung Projekt vom Ergebnis her zu denken und mit dem soll Ergebnis aufzustellen.

Die grundsätzliche Frage für ein Absicherungsprojekt ist, wie muss meine Dokumentation zum späteren Zeitpunkt aussehen, dass sie die Validität hat, die dann benötigt wird. Dazu ist zu überlegen, wer benötigt diese Information alles? Sind es wirklich nur die Chefs, oder geht es vielleicht auch darum, dass Anwälte von Produkthaftungsklägern oder die Anwälte des produzierenden Unternehmens diese Unterlagen zur Verteidigung oder zur Anklage, zur Belastung oder zur Entlastung benötigen. In welcher Form diese Ergebnis benötigt?

In der Praxis beobachte ich oft, dass die Dokumentationen mittels eines Excel-Files oder eines Word-Dokuments auf die Schnelle zusammengeschustert werden. Die Folge davon ist, dass der Aufwand für die Dokumentation mit Fortschreibung des Projekts ständig wächst. Es kommen zusätzliche Anforderung durch Lessons learned dazu. Es kommen Anforderungen und Wünsche von Chefs und Kunden hinzu. Die Strukturen der Dokumentation im Projekt werden immer weniger übersichtlich. Es gibt immer mehr Dokumente. Der Aufwand für die Dokumentation des Projekts wächst ständig. Diese Dokumente werden mehrfach gepflegt. Die Zahlen und Daten stimmen nicht über ein. Diese Dokumente widersprechen sich zunehmend.

Um erfolgreich ein Projekt abschließen zu können, muss im Vorfeld klar sein welche Informationen tatsächlich benötigt werden und welche eben nicht. Natürlich kann es immer noch mal ergänzen. Aber die wesentlichen Faktoren müssen festgelegt sein. Daraus lassen sich dann Strukturen für die Dokumentation entwickeln die Durchgänge sind durchgängig bedeutet, dass alle Daten nur ein einziges Mal erhoben werden. Werden Sie ein ein einziges Mal aufgeschrieben oder automatisch erhoben, fallen Fehler schneller auf. Nicht konsistenten Daten sind in jedem Fall einen Vorteil für die Kläger der Gegenseite.

Sollten dennoch unterschiedliche Dokumente erzeugt werden müssen, sollten diese automatisiert erzeugt werden und es sollte klar sein, welches das Masterdokument und welches das Kinder-Dokument bzw. das Kopie-Dokument ist.

Es ist in jüngster Zeit zunehmend modern agile Management-Methoden zu fordern. Ich bin auch ein absoluter Befürworter von agilem Management. Im Bereich der Dokumentation von Freigabeprojekten in der automobilen Entwicklung rate ich jedoch davon grundsätzlich ab. Haben wir es mit Produkthaftungsklagen zu tun, wird agiles Management vor Gericht in der Regel als Vernachlässigung der Sorgfaltspflichten ausgelegt. Hierzu kann ich natürlich seineanwaltliche Beratung leisten. Es ist aber wichtig, diesen Aspekt im Hinterkopf zu behalten und bei Bedarf einen Produkthaftungsanwalt zu konsultieren.

Stehen die Anforderungen an die Dokumentation und die Strukturen soweit fest, kommt die Frage, ob wir die Prozesse abzubilden.

Bei Testing-Projekten hat man das Problem, dass es sich ja um eine Kombination aus Prozess und einem Projekt handelt. Während ein Projekt von den Ideen der Macher lebt, lebt ein Prozess von den Strukturen, die auf Ideen verzichten. Dies wird in der Praxis kaum verstanden.

Ein Prozess hat vorgegebene Strukturen, die einzuhalten sind. Ein Projekt hat Verantwortliche, die dafür sorgen dass das Projekt voranschreitet. Die Verantwortlichen müssen ihr Know-how, ihr Wissen und ihre Erfahrungen in das Projekt einbringen, um das Projekt auf ein erfolgreiches Ende zu zusteuern.

Damit hat man zwei wesentliche Kategorien in der Management-Gestaltung von Absicherung. Auf der einen Seite steht das wissensbasierte Projektmanagement. Den diametral gegenüber steht das prozessorientierte, pragmatische Ablauf-Management. Es macht praktisch Sinn diese Strukturen für größere Projekte grundsätzlich auseinander zu halten. Eine Vereinheitlichung dieser Strukturen macht nur in sehr kleinen Einheiten Sinn. Das unterschiedliche Verhalten Wissen versus Vorgabe führt in der Regel schon bei relativ einfachen Projekten zu Überforderung der beteiligten Personen. Dabei ist die Überforderung ich die Folge von unzureichende Qualifikation, sondern die Folge, dass Mitarbeiter sich auf verschiedene Aspekte und Denkweisen einlassen müssen. Dieses ständige hin- und herschalten zwischen ideenorientiertem Handeln und strukturiertem Handeln führt zwingend so einer an einer intellektuellen Überlastung und in der Folge zu unzureichenden Projekt-Ergebnissen.

 

Für Fragen, Anregungen und Diskussionen steht Ihnen der Autor gerne zur Verfügung.

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